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Produktdetails
  • DuMont Noir
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Seitenzahl: 392
  • Abmessung: 180mm
  • Gewicht: 258g
  • ISBN-13: 9783770149810
  • Artikelnr.: 24187041
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.01.2000

Krimi
Fällt, fällt, fällt!
Russell James erzählt von Händel
und Händeln: „Schlachtmusik”
London am Ende der neunziger Jahre, die Stadt des Wirtschaftsbooms und des hybriden Millennium-Domes. So stellt es sich jedenfalls Irena vor, die sich in einem ukrainischen Dorf als Englisch-Lehrerin durchschlägt. Bis der Gangsterboss Al Kazan sie dann als seine Frau nach London holt. Jetzt sieht sie die Stadt zum ersten Mal und zitiert ihren geliebten Dickens: „So viel Schmutz in den Straßen, als ob sich die Wasser der Sintflut eben erst von der Erde verlaufen hätten. Es wäre gar nicht wunderbar, einem vierzig Fuß langen Megalosaurus zu begegnen. ”
Russell James, der große Pate des britischen Noir, lässt all seine Figuren nur aus der Ferne auf die schöne Stadt blicken: die Helden wechseln von Buch zu Buch, aber sie leben alle in Southend, dem dreckigen Hinterhof von London. Hier gibt es nur Brandmauern und kaputte Aufzüge. Und fiese Morde unter Feinden: Tim Hawks wohnt hier, der neue Killer von Al Kazan. Wichtiger als die Arbeit selbst ist ihm die Vorbereitung – stilvolle Händel-Arien als Präludien zum Morden: „Fällt, fällt, fällt, / Von seiner Höhe fällt / Verströmt sein edles Blut. ” Russell James geht es wie seinem Helden: der Stil interessiert ihn mehr als der Plot. Dashiell Hammett hätte seine Freude an den knappen Dialogen. Unterkühlt und spröd, so als schriebe er mit Schalldämpfer, erzählt James seine „Schlachtmusik” (DuMont, 19,90 Mark) aus der geduckten Perspektive des Killers. Pech nur, dass sich die schöne Irena am Ende in den verliebt. Wie heißt es bei Händel: „Auf bloßer Erde hingestreckt, / Kein einz’ger Freund drückt ihm die Augen zu. ”
So wie seine Helden von der falschen Seite aus auf London blicken, so erzählt James seine Krimis von der anderen Seite aus: Bei ihm tauchen keine Detektive oder Polizisten auf, und am Ende ist nichts geklärt. Nur dass Southend auch in den nächsten hundert Jahren keine neuen Aufzüge bekommt. Und dass Irena wohl sehr viel erben wird.
alex
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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